Von guten Mächten treu und still umgeben,Erst nachdem ich, der Melodie in meinem Kopf nachforschend den Text gefunden habe, bemerkte ich, dass es in der ersten Strophe sogar ein Bezug auf die jetzige Zeit, das Ende eines Jahres gibt.
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben,
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Lass warm und hell die Kerze heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen!
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der
Nacht.
Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Gleichzeitig gibt das Lied ganz wunderschoen das Grundvertrauen, die eigentliche Furchtlosigkeit wieder, die mich immer und ueberall umgibt, auch wenn ich hier doch immer wieder an mir selber zweifel. Das wunderschoene, zu Weihnachten bekommene Tagebuch ist schon mit einigen Seiten Gedanken voll...
Aber um mal zum Thema und dem zentralsten Ding dieser Tage zurueck zukommen: Frohe Weihnachten, meine Damen und Herren! Von guten Mæchten wunderbar geborgen und mit dem Spruch Wer seinen eigenen Weg gehen will, muss die vertrauten Pfade verlassen ausgestattet habe ich die ersten norwegischen Weihnachten meines Lebens gesund und munter ueber- und durchlebt. Vieles war anders und deshalb gluecklicherweise nicht mit Zuhause zu vergleichen. Die Kirche hat ein wenig gefehlt, die Familie seltsamerweise nicht. Es war soviel da, was mich nicht vergessen lassen konnte, dass es genug Leute gibt, die an mich denken, dass ich keinen Moment hatte, um traurig oder melancholisch zu werden.
Dazu kamen so viele Geschenke von so vielen Menschen wie noch nie, aufregende, neue Eindruecke und das seit einigen Wochen anhaltende Gefuehl, dass Deutschland jetzt das ist, was Norwegen vorher war: Eine ferne Welt, die mich immer wieder beruehrt, in der ich aber nicht lebe. Obwohl mein Leben gefuellt ist von deutscher Post, deutschen Gedanken, deutschen Nachrichten und ganz vielen Menschen, die groesstenteils aus meiner Heimat - Deutschland - kommen. Das ist schwer zu beschreiben, aber ich fuehle mich hier von so vielen Menschen, die ich kenne bedacht und mit guten Gedanken beschenkt. Die meisten die das hier lesen, vielleicht sogar alle gehoeren dazu - und deshalb an dieser Stelle ein grosses Danke!
Doch all das hælt mich nicht davon ab, nach einigen Tiefs mich doch mehr und mehr in Norwegen zuhause zu fuehlen. Endlich sind die ersten Tage vergangen, an denen es nicht ein einziges Wort Englisch gibt. Mein Norwegisch ist holprig und nimmt manchmal Formen an, die sogar mich selbst zum Lachen bringen, aber es macht sich.
Menschen, eine Frage an euch: Wollt ihr eine genaue Ablauf-Beschreibung haben, wie Weihnachten lief? Denn wenn euch das so sehr interessiert, dann schreibe ich das auch. Aber im Moment gehen mir mehr viel mehr Gedanken im Kopf herum, als Erinnerungen an das Essen und wann was getan wurde. Aber wenn ihr das wissen wollt, go ahead!
Vielleicht ist es Eitelkeit, aber ich freue mich doch immer so, wenn ich hoere, dass hier jemand mitliest. WIe viele gibt es wohl, die hier noch nie einen Kommentar hinterlassen haben? Streunen hier auch ein paar Hopees rum, die vielleicht bald selbst weggehen, so wie ich es vor nicht allzulanger Zeit getan habe?
Egal, jetzt mal. Diejenigen, die schon im August dabei waren, erinnern sich vielleicht noch an mein Abschiedsbild. Zur Erinnerung:
Das war im Sommer, ja. Und weil es nicht nur schon ueber 4 Monate her ist, dass ich in diese kleine Fotobox gestiegen bin, gibt es hier jetzt ein Bild von mir an Heilig Abend...
Fotos sind immer nur eine Momentaufnahme und eigentlich ist es ja auch nicht wichtig, aber vielleicht fragt ihr euch, ob es irgendeinen Unterschied gibt. Ich seh keinen grossen, aber wer weiss schon?
Und das man sich an sich ändert, nicht nur, aber sicherlich besonders in einem Austausch ist wohl unbezweifelt. Manchmal frage ich mich, wie ihr mich wahrnehmen werdet, wenn ihr mich wiederseht. Keiner von uns ist bei den Vorstellungen vom August 2006 stehen geblieben, wir haben sicher alle einander in Gedanken neues gegeben, Wahres und Unwahres. Die Distanz mag Fantasien ueber die anderen schaffen, aber sie kann einem auch Dinge an Menschen bewusst machen, die einem vorher nicht klar waren. Sie bringt næher und entfernt, aber nichts bleibt wie es war. Nichts war wie es ist. Und eigentlich war ja auch nichts, alles ist in einem ewigen Prozess des Sich-Verænderns und weiter entwickelns. Wir sind in der næchsten Sekunde nicht, was wir vorher waren - wie koennen wir es dann nach 4, 6 oder 10 Monaten sein? Ich glaube an wenig Ewiges, aber dass die Zeit einmal stoppt zu laufen, das kann mein Kopf nicht fassen. Warum sollte er auch? Ist doch eigentlich ganz wunderbar, dass wir uns alle ein wenig weiter, ein wenig anders wiedersehen. Wenn wir uns nicht verændern, wofuer tun wir dann Dinge?
Saskia hat geschrieben, zu dem letzten Gedicht: ich muss feststellen dass du immer so filosofisch auf deiner seite bist. Ich fange an, mehr und mehr Dinge aufzuschreiben, hier. Ich will all die Sachen, die mir durch den Kopf gehen nicht einfach wieder ins Universum lassen ohne sie richtig gewuerdigt zu haben, ihnen ein bisschen Gedanken-Zeit geschenkt zu haben. Das passiert ehrlich gesagt gar nicht so viel hier auf der Seite, sondern mehr in meinen Tagebuechern =)
Aber das Dumme ist, dass man, je mehr man darueber nachdenkt, je mehr man sich alldem widmet sich unwissender und unwissender vorkommt. Und die ganze Welt scheint ein einziges riesiges, zu erdenkendes und doch nicht erfassbares Chaos, das einfach nicht in Isabel Iracemas Kopf zu passen scheint, scheisse. Lohnt es sich trotzdem, immer weiter zu denken, zu fragen?
Jedenfalls lerne ich hier besser und besser erst zu fragen und dann zu antworten, zu urteilen. An Menschen regt mich weniger schnell auf, nur vorschnelles Urteilen erscheint mir duemmer und duemmer... Woher nehmen sich die Menschen die Rechte, ueber andere zu richten? Wære es moeglich, mit Fragen alles auf den rechten Weg zu bringen? Mit selbststændigen, und doch gemeinsam gefundenen Erkenntnissen? Dem Menschen nicht zu sagen das und das ist richtig oder falsch, sondern ihn zu Fragen und ihn damit zu Ergebnissen kommen zu lassen, die auf seiner Vernunft, seinem Gefuehl und einfach seinem Mensch-Sein begruendet sind? Die nicht immer mit denen des Fragenden uebereinstimmen, aber trotzdem ihre Richtigkeit haben?
Wenn ja, warum gelingt es und nicht, immer so zu handeln? Warum urteilen wir zuerst und nehmen uns dann erst manchmal die Kraft zu fragen?
Ich werde jetzt aber auch mal Schluss machen... Fuehlt euch frei zu antworten, die Fragen waren keine rein rhetorischen!
Ob mit Nachdenken gefuellt oder nicht, ich wuensche euch eine ganz, ganz wunderbare Zeit zwischen den Jahren - und einen ebenso tollen Start in das neue, das Jahr in dem fuer mich definitiv eine neue Zeit anbricht. Nicht direkt, aber langsam fange ich mir doch an Gedanken ueber das Leben nach der Rueckkehr zu machen. Ohne Træume und Plæne wæhre alles nicht halb so schøn - oder?
Gruss und Kuss aus dem Oslofjord,
Isabel Iracema