Donnerstag, Mai 31, 2007

Sich schliessende Kreise

Es ist der 31. Mai, damit wird dies wohl der letzte Bericht in diesem Monat. Der erste Kreis schliesst sich: Seit zwölf Monaten schon existiert dieser Blog und wird mit Worten gefüllt. Allzu viel Lebenszeit gebe ich ihm nicht mehr.
Denn es ist zwar der erste, aber nicht der einzige Kreis der sich beginnt zu schliessen. Meine Wochenenden sind gefüllt mit Gegenbesuchen, von Menschen die mich irgendwann in den letzten neuneinhalb Monaten zu sich eingeladen haben. Hier zieht Geschäftigkeit ein, so viele Dinge die noch getan werden wollen. Eigentlich scheint die Abreise noch so fern, aber nach dem nächsten Wochenende gibt es nur noch zwei weitere, richtige. Wichtig ist aber genau das um den 8. Juni. Denn da wird das wohl grösste Abschiedsprojekt der nächsten Zeit durch geführt: Es geht auf nach Kopenhagen. Ich hatte schon länger Lust auf eine Reise im Juni, und nach einigem Hin und Her entschied sich Andrea bei einem Abendessen spontan mit zu kommen. Plötzlich war das Ganze zwar nicht mehr so mein Projekt wie ich es mir vorgestellt hatte, aber trotzdem nicht schlecht. Denn wir beiden machen so eine gemeinsame Tour, als Abschiedsgeschenk von meinen Gasteltern. Los geht es heute in einer Woche am Abend, um dann mit dem Bus morgens um kurz vor sieben in Dänemarks Hauptstadt anzukommen. Mit einer Jugendherberge 500m vom Tivoli entfernt als Basis werden wir dann so viel Stadt wie möglich in uns rein stopfen.
Aber davon dann mehr.

Schule am Freitag mal (wieder) auszulassen ist übrigens kein Problem. Denn in Norwegen (nein, schulisch ist es doch nicht das gelobte Land) gibt es ab Mai nichts mehr zu tun. Ein, zwei Examen, zu denen nicht alle gezogen werden und ansonsten Lesetage, Geografitage, Exkursionen und freie Tage. Meine Gastmutter erzählte dass alle Studenten an den Hochschulen im ersten Semester einen Schock kriegen, dass man auch im Juni noch normalen Unterricht haben kann.
Mich soll's freuen!

Ach Mensch, ihr merkt schon, meine Einträge sind ein wenig oberflächlicher, weniger bedacht und wohl auch langweiliger geworden. Aber irgendwie ist es genauso: Im Winter ist es dunkel, man ist drinnen und denkt viel nach. Jetzt ist es Frühling und zwar 10 Grad zu kalt, aber äusserst hell und macht irgendwie nicht mehr so nachdenklich. Ausserdem lebt man unbeschwerter, die Welt scheint sich rasend schnell zu drehen und ja.
Ein bisschen ist es auch so, dass das was mich im Moment beschäftigt, zum Beispiel die Ängste, die ich wegen dem Verlassen/Zurückkommen habe vielleicht nicht unbedingt in einen Blog gehören. Ach, ich weiss nicht.

Ich hoffe ihr lest trotzdem noch ein wenig mit, in 4 Wochen ist (fast) alles vorbei und ein neuer Abschnitt fängt an.

Wunderbare Grüsse,
Isabel Iracema

Freitag, Mai 18, 2007

Von gestern...


Zum vergrössern auf Bild klicken
Will ich, mag ich, muss ich euch berichten. Gestern, das war nicht irgendein Tag, nein, gestern war 17. Mai. "Na und?", mag ein einfacher Deutsche denken. "Nationalfeiertag", weiss, schon etwas gebildeter, ein Norwegenfan. Die Gedanken der Norweger mögen uns noch eine Weile verschlossen bleiben, aber mit dem 17. Mai werden sicher "Flagge, Umzug, Hipp-Hipp-Hurra, König, Musikkorps, Würstchen, Eis, Bunad" und unzählbar viele andere Dinge auf norwegisch assoziiert. Oh, what a day! Keine Schule - das ist wohl die einzige Sache, die der Tag der deutschein Einheit und der Tag der norwegischen Verfassung in Eidsvoll 1814 gemeinsam haben. Und der Grund, warum ich gestern erst einmal für einen Donnerstag ungewöhnlich lange geschlafen habe. Aber kurz nach neun musste ich dann auch aus den Federn, und der Tag wurde mit einem Frühstück, das eigentlich einem Sonntag gebührt, eröffnet. Ich unerfahrene 17.-Mai-Anfängerin kam in relativ gewöhnlichen Klamotten, aber nachdem ich erschrocken gefragt wurde, ob ich so in die Stadt wollte, zwängte ich mich wohl oder übel in einen Rock.
Pünktlich 5 vor elf statteten ich und Andrea uns mit kleinen Fahnen aus um uns an der Bootsbrücke mit Ingrid und Silje zu treffen. Trotz meines Rockes war ich wohl die graueste aller Mäuse unter all den Frauen! Denn die meisten, inklusive Silje, hatten ihre Bunad herausgesucht und angelegt. Eine Bunad, das ist die Nationaltracht der Norweger. Ganz oben, auf dem ersten Bild seht ihr einen Mann, aber sie/es ist doch verbreiteter unter den Frauen. Hier ein Bild:


Das Design ist von verschiedenen Dingen abhängig: Herkunft, Familie - und man hat mir versichert, auch der Geschmack darf mal eine Rolle spielen. Die Bunad wird übrigens nicht nur am 17. Mai angezogen, sondern auch bei Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten, Beerdigungen etc. Obwohl es auch hier wieder von der Person abhängt. Aber auch wenn ihr nicht im Mai nach Norwegen kommt habt ihr eine gute Chance im Bus, der Bahn, aber vor allem in Kirchen der ein oder anderen Person im Festkleid zu begegnen. Verwechseln solltet ihr die Bunad übrigens nicht mit der Tracht der Samen, die man sicher öfter in Medien sieht.

In Oslo angekommen machten wir uns durch die dichten Menschenmengen auf in Richtung Schloss. In diesem so spärlich besiedelten Land ist selbst in der Hauptstadt Gedränge ein eher unbekannter Begriff und so fand ich es ungewohnt und auch ein bisschen unangenehm zwischen all diesen schicken Menschen eingedrückt zu werden (auch hier muss man wissen das eingedrückt in Oslo anders aufzufassen ist als eingedrückt in Köln). Irgendwann hatten wir uns aber in die Nähe des Schlosses und damit zum Umzug durchgekämpft. Alle Schulen Oslos ziehen hier stolz mit Flaggen und eventuellem Orchster (Korps) die Prachtallee zum Schloss entlang um diesen Menschen hier zuzuwinken. Oder sich von ihnen zuzuwinken lassen:
Von rechts nach links: Ingrid Alexander, nach ihrem Opa die dritte, die Anspruch auf den Thron hat, daneben der Zylinder ihres Vaters, Kronprinz Haakon, elegant in weiss winkend Mette-Marit und Dronningen & Kongen, Königin und König, Silvia und Harald. Ich hoffe doch wirklich, dass ihr euch fragt wie ich ein so nahes Bild schiessen konnte! Vergrössert man das (draufklicken!), kann man nämlich sogar Gesichtszüge erahnen - und das ist für das gewöhnliche Publikum des Zuges nicht möglich. Für Zugereiste gibt es zwar extra Karten für die besten Plätze direkt da unter dem Balkon, aber die musste man bis zum 10. Mai bestellen - habe ich natürlich nicht geschafft. Aber: Nicht nur ich kannte Menschen am Katta, der Osloer Kathedralsschule, nein auch Ingrid hatte da eine Freundin - und die Idee uns da unterzumischen, direkt vor dem Schloss. Da der Zug aber unglaublich langsam war, mussten wir sicher eine Stunde auf den Teil warten. Wir hatten uns ein paar Sitzplätze auf dem Asphalt innerhalb der Absperrungen ergattert und sassen da, um fröhlich fast allen Menschen ein enthusiastisches "Hipp Hipp?" entgegen zu schleudern. Nicht alle waren reaktionsschnell, aber wir bekamen doch einige "Hurra!"s zu hören. Hier ist ein nicht allzu guter Blick auf die mit Flaggen überfluteten Karl-Johans-Gate:
Mit Beweis für das wunderbare Wetter! Es war wirklich unglaublich: unglaublich voll, unglaublich rot-blau-weiss, unglaublich fröhlich und unglaublich beeindruckend. Im Radio hatten sie morgens berichtet, dass sich nach einer Studie Einwanderer am 17. Mai am integriertesten in die norwegische Gesellschaft fühlen. Ob das wahr ist weiss ich nicht, aber ich weiss was mir fast am besten gefiel: die kulturellen Kontraste, die das Fest nur noch bunter und froher machten. Denn 20% der Einwohner Oslos sind Einwanderer - das prägt das Gesicht der Stadt! Und so findet man unter all den Mädchen und Jungen in ihren Bunader auch Kinder mit Sari oder afrikanische Mütter in fantastischen Kostümen bunter Stoffe, mit jenem tollen Hut-Ding. Und Mädchen in Sari sind genauso Fahnenträger der Schulen wie alle anderen.

In rot, blau oder weiss springen die Russ, die norwegischen Abiturienten um her, von denen ich hoffentlich schon mal berichtet habe. Für sie ist der 17. Mai der Abschlusstag ihrer Festzeit - und das nutzen die meisten noch einmal! Da oben seht ihr ein paar Rødruss in freudigem Lauf.

Unseren 17. Mai haben wir mit einem tollen Grillabend bei Karen auf Nesodden abgeschlossen, mit viel Kuchen, Freunden, Fotos (oh, ich träume doch stark von einer digitalen Spiegelreflexkamera), Würstchen, Musik und Sommer. Bis es dunkel wurde konnten wir tatsächlich auf Decken in der Wiese liegen und glücklich sein.

Hipp Hipp Hurra, macht es gut!

Kuss und Klem,

Isabel Iracema

Sonntag, Mai 13, 2007

Liebeserklärung

Oh ja, lieben tu ich diese Stadt! Ich kann mich noch so sehr auf Köln freuen, aber in den Strassen Oslos zu sitzen und mir vorzustellen dort nicht mehr zuhause zu sein ist traurig! Eine meiner Lieblingsbahnhaltestellen ist Torshov. Auf der Bank sass einmal einer der zahllosen Obdachlosen, die Oslo so viel besser kennen. Ein bisschen blöde hab ich mich nach einem Blick ein Stückchen weiter hingestellt, denn irgendwie hält man doch Abstand. Er dachte wohl er selbst wäre unfreundlich, rückte beiseite und bot mir den Platz an. Gesetzt habe ich mich nicht, aber innerlich beschimpft, dass ich mit solchen Gewohnheiten durch die Welt spaziere, und ihn angelächelt. Er schlief fast ein, erklärte mir aber fröhlich warum er die letzten drei Tage keinen Platz für tiefen Schlaf gefunden habe und war ganz ungemein nett.
Als er zum Schluss aus der Bahn ausstieg, wünschte ich ihm eine gute Nacht, jaja. Und als ich letztens wieder in diesem tollen Viertel namens Torshov war, da stand er da, verkaufte die Zeitung der Obdachlosen und strahlte mir ein norwegisches "Hei!" entgegen.
Und gestern, da war ich wieder in der Stadt und begegnete ihm, am Stortorvet, der neuen Ersatzhaltestelle mitten im Zentrum. Es ist schön, diesen Menschen "zu kennen", denn was ist schon mehr Oslo als die Menschen, die der Stadt näher sind als jeder andere?

Ich liebe diese Stadt auch in anderen Momenten. Wenn ich entdecke, dass meine beste Oslo-Freundin Sini fast direkt bei dem Park wohnt, von dem ich ihr so begeistert erzählt habe und in dem wir unbedingt zusammen den Sommer geniessen wollen. Mit Bier und Musik und Menschen drumherum und allem. Oder wenn die Stadt eine Schiele-Ausstellung beherbergt, die nur nach Entdecken ruft.
Heute hat sie mich mit einem Flohmarkt beschenkt. Ich kam gerade von meinem Stepptanzauftritt als ich beim Halten an einer Station aus dem Augenwinkel einen Markt wahrnahm. Ich sprang aus der Bahn und es war tatsächlich eine feine Ansammlung verschiedenster Verkäufer und Menschen, die Munter auf Norwegisch, Englisch, Russisch und anderen Sprachen plapperten. Gleich am Anfang begegnete mir ein kleines Mädchen, dass sich auf eine Karierre als Verkäuferin vorbereitete. Mit den Preisen sollte sie noch etwas üben, sie bat mir neun Ohrringe für neun Kronen an, aber los wurde sie ihre Sachen. Ich bezahlte ihr ein bisschen mehr und sie erkannte die Kundin in mir - schwuppdiwupps hatte ich auch noch eine seltsame Dose und eine schöne Brosche in der Hand und mein Budget um weitere 10 Kronen erleichtert. Es fanden sich auch andere grosszügige Menschen, so dass ich mit 50 Kronen 10 Ohrringe, 2 Broschen und eine superlustige Kette in Form einer silbernen Minhandtasche glücklich nach Hause kam.
Die norwegische Nationalhymne beginnt mit diesen Worten: "Ja, vi elsker dette landet" - "Ja, wir lieben dieses Land". Ich glaube, ein bisschen von der Liebe der Norweger zu diesem Stückchen Erde habe ich wirklich geschenkt bekommen!

Irgendwo las ich, dass es noch 7 Wochen sind. Ich habe gehört, dass ich unbedingt nach Hause will. Von Brühl durch Spanien kam das an meine Ohren. Jaja, das fande ich ein wenig uhyggelig. Liebe Menschen, schön das ihr euch Gedanken über mich macht. Aber als mir das heute geschrieben wurde, hat mir das einen Schreck versetzt: Wirke ich so? Oder ist das vielleicht so? Eigentlich: Nein. Ich will nicht nach Hause, nicht jetzt. Kein einziges Mal in diesem Jahr habe ich gedacht "Ich will jetzt nicht hier sein." "Das Gefühl der Freude entsteht aus einer plötzlichen Bejahung des Lebens", mit dieser Einstellung bin ich bis hierhin gelaufen und die habe ich auch nicht verloren. Genau dies ist es, was ich will. Ich will noch 7 Wochen haben, hier. Ich will dann bald wieder da sein. Ich will das Leben wie es ist, genauso, jetzt und hier und dann und dort.
Aber man kommt wohl irgendwie nicht drum herum an das Ende zu denken. Und traurig bin ich noch wenig. Denn die Dinge sollten nicht mit Trauer enden, sondern mit Hoffnung. Auf ein Wiedersehen und auf Neues.
Aber naja, soweit sind wir ja noch nicht.

Jetzt hoffe ich einfach mal, dass hier noch mehr lesen als diejenigen die Kommentare schreiben. :)
Lebt wohl, ihr Lieben, bis zum nächsten Mal.

Isabel Iracema

Sonntag, Mai 06, 2007

Dialog ist die Strategie der Mutigen


Oder auf norwegisch:

Dialog er de modiges strategi.

Diese Erkenntnis ist mir am Sonntag im Friedensnobelzentrum begegnet. Dort ist zur Zeit eine Ausstellung, "Abrahams barn/Abrahams Kinder", mit Bildern eines iranischen Fotografen. Es sind Bilder von Abrahams Kindern: Juden, Moslems und Christen. Wunderschöne Bilder! Manche grausam, aber doch schön. Nur begegnet einem leider wenig Lachen.
Auch der Rest des Museums ist nur zu empfehlen! Wer nach Oslo kommt sollte sich das definitiv einmal angucken. Auch zwei deutsche sind mir begegnet: Stresemann und Brandt. Wusstet ihr, dass Brandt Norweger war? Eigentlich als Herbert Ernst Karl Frahm in Deutschland geboren emigrierte er wegen den Nazis nach Norwegen und nach Ausbürgerung aus Deutschland und einigem Hin und Her nahm er 1940 die norwegische Staatsbürgerschaft an. Unter seinem Decknamen Willy Brandt, der so ja in die Geschichte eingegangen ist.
Aber das nur so nebenbei.

Ansonsten? Das Leben ist schön! Ich glaube eigentlich, ich bin so fröhlich wie noch nie in diesem Austauschjahr. Das der Frühling so eine Kraft hat, hätte ich einfach nicht erwartet. Den englischen Ausdruck "You made my day" möchte ich jeden Tag etwas neuem zurufen. Wer hätte gedacht, das der Duft der Bäume unserer Nachbarn ein Glücksgefühl für mehrere Stunden hervorrufen können?


Ich habe gleichzeitig keine grossen Pläne und doch genug zu tun: Ich treffe mich mit Menschen aus Ungarn, Deutschland, Finnland und natürlich auch Norwegen, Menschen haben Geburtstag (heute meine Gastmutter, Samstag Sini), die Zeit rennt. Mein Stepptanzkurs neigt sich dem Ende zu: am Montag war das vorletzte Mal. Aber die Chefin der Tanzschule hat sich unsere erste Choreografie angeguckt und war so begeistert von uns blutigen Anfängern, dass sie zum ersten Mal Neubeginner in die Abschluss-show nimmt. Die ist nicht besonders gross, alle zeigen einfach was sie im letzten Semester gelernt haben und freuen sich aneinander. Also, Sonntag um halb eins müsst ihr mir ein bisschen die Daumen drücken! Am meisten freue ich mich eigentlich aufs Ende der Veranstaltung, denn ab da wird "gejamt", also einfach zusammen getanzt und improvisiert. Ich muss mir heute nur noch eine neue Schraube im Eisenhandel besorgen, da sich ein Eisen löst.

Endlich, nach einigem Hin und Her kann man sich für die Workshops des YES einschreiben. Meine Erstwahl ist immer noch der Tracker, also eine Zeitschrift, wird aber dicht gefolgt von Critical Dialogue and Blind Tolerance - A Difficult Balance.

Erinnert ihr euch noch an meinen Eintrag irgendwann im Februar, in dem ich euch und mich gefragt habe wie lange man tolerant sein muss und ob man nicht eigentlich immer seine Werte verteidigen muss? Genau damit beschäftigt man sich in dem Workshop nämlich. Hier die Beschreibung:

Understanding and tolerating the ‘other’ is a demanding process. Values and perspectives are being challenged as they are put up-side down, need to be rethought but in the end make sense again. Do they always? What if things itch too much and eventually do not feel ‘right’? Do you still accept them because being tolerant is per se a good thing? Maybe it is you who is ‘wrong’? Or does tolerance eventually have boundaries? Is there a point at which tolerance looses its positive value? Are there norms and practices of the ‘other’ that cannot be accepted? How can we remain critical without being discriminating or ethno-centric? When does criticism become destructive and closes doors to dialogue? In light of those questions, mutual understanding becomes a challenging but all the more exciting project – to be discussed with you!!

Ja, und so freue ich mich einfach. Wann ich wieder ankomme (-n sollte) steht auch schon fest, es geht also auf's Ende zu. Aber die Zeit wird sicher noch gut gefüllt und ich bin aufgeregt was die nächsten Wochen noch bringen.


Euch allen einen wunderschönen Tag!
Isabel Iracema

Dienstag, Mai 01, 2007

Der Duft der Fruchtbäume




















Der Duft der Fruchtbäume
Das Schimmern der Spinnennetze
Brummende Bienen hungrig auf Blütenstaub
Leise weht die Flagge im Wind

Es ist der 1. Mai, freier Tag, Feiertag, wunderschön. Alle Fruchtbäume im Garten blühen, die norwegische Flagge ist gehisst, Vögel zwitschern, die Sonne scheint. Ich sitze im Garten auf sommerwarmen Steinen, der Hund liegt hechelnd vor mir, Andrea streicht schweigend einen Spiegel vom Flohmarkt weiss. Yann Tiersens Amelie-Musik lässt alles magisch erscheinen, die Spinennfäden wehen nicht nur einfach im Wind, nein, sie tanzen elegant und fast schwerelos an den Ästen der Kirsche. Die Luft ist Raum für alles, Hummeln fliegen, Möwen segeln, ein Flugzeug zerreisst die Idylle der Vögel. Ein leichter Geruch von Farbe zieht vorbei, Kinderrufe schallen von den Nachbarn, die Welt scheint sich mit Blumen in der Farbpalette des Regenbogens für den eintönig grauweissen Winter zu entschuldigen.

Was sonst passiert? Eigentlich nicht viel. Doch: Es ist Russetid, Russezeit, Abiturientenzeit. Die Abiturienten heissen hier "Russ" und feiern das Ende der Schule noch ausgiebiger als ich es von Deutschland kenne. In einer Freundesgruppe kauft man sich ein Auto, das sogenannte "Russebil", gewöhnlicherweise einen grossen Kleinbus. Den malt man rot an, hängt eventuell Flaggen auf, denkt sich ein Motto aus und versucht den Wettbewerb für das schönste Auto zu gewinnen. Hauptfunktion ist allerdings damit von einer Party zur anderen gekarrt zu werden, zu trinken, zu trinken und zu trinken. Eine Ehrenregel besagt dass man sich in der Zeit der Russ, die von jetzt bis zum Nationalfeiertag, dem 17. Mai, nicht ohne die Russebukse aus dem Haus trauen darf. Die Russebukse ist eine Latzhose in der Farbe deiner Schwerpunktslinie an der Schule, meistens rot. Individuell ein bisschen gestaltet, meistens mit Namen und Sprüchen. Dazu werden Russekarten gedruckt, kleine Visitenkarten mit einem Bild und einem Spruch, die von den Schülern der Grund- und Jugendschule gesammelt werden. De facto ist es ein riesiges Bohei mit unzähligen Litern Alkohol - am Freitag hat eine Gruppe der Polizei die Abiturienten auf die Zeit vorbereitet. Für Auto, Karten, Hose und Partys gibt man hier gut und gerne 700€ aus, manchmal mehr, manchmal weniger. Hat man Glück bezahlen die Eltern, andere fangen schon ein bis zwei Jahre vorher an das Geld zusammen zu jobben.

Ein Maigruss von hier
Isabel Iracema