Mittwoch, Februar 28, 2007

Und es ist immer noch Winter

Mit täglich neuem Schnee, konstanten Kältegraden und manchmal (aber nur manchmal) auch wunderschoenen, hautwaermenden Sonnenstrahlen. Die Winterferien sind wieder zu Ende - und ich fange an von Sommer zu traeumen.



Mit solch schoenen Kleidern hat fast alles angefangen... Ich habe naemlich das letzte Wochenende in Trondheim bei Majas Schwester verbracht. Und in Trondheim gibt es natuerlich -wer haette das gedacht- Shoppingmoeglichkeiten. Ist schliesslich die drittgroesste Stadt Norwegens, jaha. Und zwischen all den Laeden, die einem ja eh nur zuviel Geld abzocken wollen, fand sich auch ein feiner Second Hand. Die werden hier von der Heilsarmee betrieben.


In jenem Second Hand verbrachten Andrea und ich mindestens eine Stunde, mit dem Ergebniss dass ich stolze neue Besitzerin eines echten 70er Jahre Maennerhemdes im Retrostil und einer wunderschoenen, supersommerlichen Tasche war. Und das ganze nicht allzu teuer! Aber zusammen machen die beiden einfach tierische Lust auf Sommer. Mit einem luftigen Kleid, dem Hemd drueber, einer riesigen Sonnenbrille auf der Nase und einem guten Buch, Bikini und Sonnencreme in der Tasche durch Strassen zu spazieren, die Sonne auf der Haut fuehlen, mit Menschen lachen und guter Musik lauschen - all das waere so toll!

Aber ich will ja eigentlich nicht undankbar sein und freue mich ueber den vermutlich schneereichsten Winter meines Lebens.


Und fuer die Stunden, in denen mal wirklich nichts zu tun ist (bestes Beispiel Schule) habe ich ein neues Hobby entdeckt: Bilder in Paint.net bearbeiten.
Ein paar Beispiele:

*Die Stadt zu gross fuer die Menschen?*

*Doppelt gesehen*

Ein paar mehr habe ich bei myspace hochgeladen. Aber da muss man angemeldet sein um sie anzugucken.

Was gibt es sonst zu erzaehlen? In der Erkenntnis, dass man den Winter wohl nicht einfach abschalten kann und eh eigentlich geniessen sollte so lange man ihn hat werde ich mich jetzt zu einer richtigen Schneehöhlentour mit YFU anmelden. Ende März, mit selber buddeln und so. Hei, das wird ein Spass - obwohl ich ja ein bisschen Schiss habe, dass so eine Schneehöhle auch mal einfach zusammenklappt. Aber das sind vielleicht Ueberreste meiner deutschen Winterimpressionen.

Ansonsten ist hier mal wieder eins von den Paketen angekommen, die einen vor Freude und Dankbarkeit weinen lassen koennten - Dank an Lilli! Und ganz unabhaengig davon habe ich in der letzten Woche 3x8=24 Seiten Brief geschrieben. Ich weiss, ich brauche laenger als am Anfang, aber alle bei denen ein Brief von mir aussteht koennen sich darauf verlassen, dass irgendwann einer kommt. Ich weiss nur einfach nicht wo die Zeit bleibt. Auch im groesseren Zusammenhang: Unglaublich, aber wahr: In morgen in 4 Monaten geht es schon wieder Richtung Deutschland, genauer Berlin Werbellinsee. Und dann ist auch schon Sommer. Ich muss ehrlich sagen: Ich freue mich auf's wieder Zuhause sein. Nicht, dass es schneller gehen sollte als 4 Monate, aber dann ist auch erstamal gut mit Ausland. Für ein paar Wochen. Ende der Ferien geht es naemlich moeglicherweise nach Frankreich, wandern. Und Taizé war eigentlich auch fuer 2007 geplant. Man wird sehen! Langfristig ist mein neuer staendiger Wunsch Rumänien.

Alles hat seine Zeit. Für heute heisst es Schluss, deshalb tausend Gruesse zu euch! Wie weit ist der Fruehling denn im Rest Deutschlands?

Kuss, Isab L. Iracema

Montag, Februar 19, 2007

Seidenschnee, Baumbärte und einige Fragen

Seidenschnee und Baumbaerte sind mir beim Langlaufen am Wochenende begegnet. Ich koennte euch jetzt aufzaehlen, was mir passiert ist, wodran ich mich gefreut habe und wo ich ueberhaupt war. Stattdessen: Ein bisschen aus meinem Tagebuche. Einige Fragen. Und ein paar Gedanken ohne Fragezeichen.
***
Ich glaube, es gibt kein Gut und Boese in der Welt. Wir Menschen schaffen uns Wertse, denn wir brauchen Orientierung. Wie koennten wir uns fuer irgendetwas entscheiden, wenn wir keine Richtlinien haetten? Wenn es wirklich Gut und Boese gaebe, wo waere dann die Grenze? Koennte man auch neutral sein?
Sind Werte nicht irgendwie der menschlich anerzogene Ersatz fuer (Ur-) Instinkte? Sicher sind uns noch einige unsere urspruenglichen Instinkte geblieben - Essen, Schlafen, Trinken.
"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein". Der Rest ist doch an unseren Werten ausgerichtet. Aber was ist, wenn wir Werte vorfinden, die unseren widersprechen? Kann es richtige und falsche Werte geben?
Fuer mich ist Gleichberechtigung ein wichtiger, fast selbststaendiger Wert. Wenn ich auf eine andere Kultur stosse, in der dieser Wert kaum in das taegliche Leben eingebunden ist, muss ich das dann auf Grund der Erkenntnis dass Werte etwas "unnatuerliches", von Mensch zu Mensch und Kultur zu Kultur etwas unterschiedliches sind, akzeptieren? Oder es zumindest tolerieren? Wann sind diese Werte entstanden, aus welchem Grund, wer kam wie auf die Idee? Kann ich meine Werte begruenden, vernuenftig und rational fuer sie argumentieren? Sie sind schliesslich nicht meine eigenen Ideen, begruenden sich nicht unbedingt auf meine eigenen Erfahrungen.
Darf eine Veraenderung an einem System von aussen vorgenommen werden oder ist sie nur dann effektiv, richtig und akzeptabel wenn die Teile des Systems sie selbst wollen? Duerfte ich versuchen eine Opus Dei Frau zu einer humanistisch gebildeteten Feministin zu erziehen? Vielleicht ist genau hier Sokrates Methode des Hinterfragens angebracht...
Kann man Recht auf ein Stueck Land besitzen? Kann ich zu anderen Menschen, die vielleicht genau da geboren sind wo auch ich herkomme, aber Eltern haben die von ganz woanders kommen sagen: "Ich habe mehr Recht auf dieses Land, auf diese Arbeitsplaetze (...) weil schon meine Grosseltern hier gelebt und gearbeitet haben!"? Eigentlich doch nicht! Aber kann man denn irgendwo hingehen, Kinder in die Welt setzen und diese duerfen dann die, die schon immer dort gelebt haben bedraengen, duerfen ihre Situation schwieriger machen? Verbietet das nicht ein gewisser Respekt? Naehme man als Beispiel die vielen Menschen mit tuerkischem Hintergrund in Deutschland wuerde ich ganz einfach sagen: Nein, sie haben nicht weniger und nicht mehr Recht auf einen Platz in diesem Land als ich. Eine Freundin von mir meinte mal sie habe nichts gegen Auslaender, aber in Deutschland waere einfach nicht genug Platz fuer alle. Ich wuerde mich selbst eher schlagen als zu sagen "Das hier ist mein Land, geh wieder weg!" Aber es gibt auch noch andere Beispiele. Nehmen wir Amerika. Irgendwo dort haben weisse Siedler der vorletzten Generation sich ein Stueck Land der Ureinwohner genommen und als ihr Land bezeichnet. Nun kommen die Kinder oder Enkel dieser Indianer und wollen das Land zurueck. Haben sie denn kein Recht darauf?
Wahrscheinlich geht es doch um diesen Respekt, vor den Menschen und dem Leben. Wie viel einfacher waere alles, wenn wir uns nicht um Laender streiten wuerden sondern einfach gemeinsam das Beste daraus machten.
(...)
Koennen wir alle mit den selben Rechten geboren werden, wenn sich doch die meisten Rechte auf unsere Werte begruenden, die sich wie oben erkannt in verschiedenen Kulturen unterscheiden?
Und last, but not least: Hoert man irgendwann im Leben auf so viele Fragen zu haben? Versteht man irgendwann das Leben, oder akzeptiert es einfach wie es ist?
***
Bitte schoen, feel free to comment me. Was denkt ihr zu alldem?
Mit vielen Gruessen,
die Isabel Iracema

Donnerstag, Februar 15, 2007

Oslo Alaaf?

Nix da. Karneval feiert man hier allerhoechstens im Kindergarten. Und wenn ich dann viellleicht ein bisschen zu begeistert von koelschem Karneval, von der fuenften Jahreszeit erzaehle, dann heisst es doch: "Jaja, wir wissen wie das ist, wir haben das hier auch!" Im Kalender, ok. Ich wuerde die Norweger ja als einiges bezeichnen, aber, tut mir leid, Jecke sind sie nunmal nicht. Hier gilt Artikel 11 des koelschen Grungesetzes. Do laachste dich kapott.
Und gerade hier in diesem kleinen Raum herrscht zu grosse Arbeitskonzentration als das ich meine feine Humba-CD laut laufen lassen koennt. Aber wozu gibt es Kopfhoerer?
"In der Nacht, in der Nacht kamen Diebe und stahlen der Kuh das Getriebe" - hoch lebe die Pudelbande.
Ach, was waere ich gerade gerne im schoenen Rheinland!

Aber auch hier gibt es Lichtblicke: Schokoladenfabriken, Theater, wenig Schule, bald Wochenende und danach eine Woche Winterferien.
Gestern waren wir mit einigen YFU-Leuten in der Schokoladenfabrik Freia, mitten in einem der angesagtesten Multikultiveedels Oslos. Und gestern abend konnte ich keine Schokolade mehr sehen. Aber falls man mal in Oslo ist kann man ja zumindest versuchen da irgendwie reinzukommen, ins Freialand. Zumindest unsere Fuehrerin sprach auch noch fliessend Englisch, Franzoesisch und Deutsch. Und man bekommt viel freie Schoko! Es war eigentlich echt toll und danach bin ich noch mit Flora aus Ungarn zu Sini aus Finnland gegangen und wir haben uns den Da vinci Code angeguckt. Flora musste schon frueher weg, aber ich und Sini sind danach noch mal ins Zentrum und sind einfach rumgelaufen. Endlich scheint meine Schnaeppchen-Nase wieder zurueck zu sein: Am Montag fand ich eine tolle Strickjacke fuer nur 60kr und gestern gab es eine Kordhose, die eigentlich 500kr kosten sollte fuer nur 100kr. Nochmal zur Orientierung: 10€ sind 80 Kronen.

Achja, eins habe ich ganz vergessen: Danke, danke fuer all die Gruesse zu meinem Geburtstag letzte Woche! Das war ein ganz fantastischer Tag, mit vielen norwegischen und vielen deutschen Anrufen, Briefen, Emails, persoenlichen Gratulationen, Liedern, Geschenken und vor allem Menschen.

Schule faengt heute erst um halb eins an, aber ich bin schon hier in der Schule weil wir fuer ein Geographie Projekt ueben mussten und weil wir gleich eine Arbeit in Norwegisch schreiben. Gedichtanalyse/deutung. Na jippieh!
Aber irgendwie geht es mir ziemlich gut hier im Moment, ich habe einfach jeden Tag was zu tun und alles ist normal-unnormal schoen.
Am Wochenende geht's auf eine Huette, dann Winterferien und am Ende nach Trondheim...

Alaaf, Humba Humba Täterä und so,
La Isabel Iracema

Mittwoch, Februar 07, 2007

Geschmolzener Schnee und Plumsklos

Darf ich vorstellen: Ein echtes Utedo! Uebersetzt "Aussenklo", bekannter als Plumsklo. Dieses Modell hier findet man im Internet als eins der "Plumsklos des Jahres". Man fragt sich: Wovon spricht eigentlich Isa? Im weitesten Sinne von ihrem interessanten letzten Wochenende, dass doch einiges mit einem Plumsklo zu tun hatte. Es war naemlich Mittelseminar. Auf einer Hytte in der Naehe von Kongsberg, einer Silbergrubenstadt (wer nach Norwegen will: http://www.visitkongsberg.no/deutsch/hovedtxt.htm). Jene Hytte war eine richtig norwegische: Ohne fliessend Wasser, ohne Strom und ohne richtige Sanitaeranlagen. Wenn man mal von einer Sauna absieht. Aber hey, wir sind Austauschschueler, hatten Norweger dabei, probieren geht ueber studieren und sowieso: Eigentlich war es eine tolle Erfahrung.
Aber wir wollen nicht vom Thema Klo abweichen. Ich hoffe, wenigsten einige von euch kennen diesen musikalischen Geniestreich: "Auf dem Donnerbalken sassen zwei Gestalten und sie schrien nach Klopapier, Klopapier. Und dann kam der dritte, setzt sich in die Mitte,und sie schrien nach Klopapier, Klopapier." Abgesehen davon, dass wir immer genug Klopapier hatten passt diese Lied ganz wunderbar. Man stelle sich vor: Raus aus der Hytte in den Schnee, 20m weiter laufen und rein in eine Minihytte deren Tuer aus den Angeln sprang wenn man sie schliessen wollte. Da findet man dann eine Art Sitzbanke vor - und nebeneinander 3 Loecher. Yeah, that's it. Und macht die ganze Angelegenheit zu einer echt sozialen Sache: Nur selten ging jemand allein. Entweder gleich zu dritt, dann konnt man sich ueber feine Dinge unterhalten oder eben zu zweit. In dem Fall gab es praktischerweise meistens einen Tuerwaechter. Alleine war nur selten jemand unterwegs und als Molly, eine Amerikanerin, panisch zurueck gerannt kam, weil sie meinte eine Stimme von unten gehoert zu haben, fand ich es eher gruselig einsam da zu sitzen.

Aber genug von der Toilette an sich, es gab ja auch noch andere abenteuerliche Umstaende. Wie beschafft man Wasser fuer etwas mehr als dreissig Leute, wenn es keine Wasserleitungen gibt? Man schmelzt Schnee! Und versichert immer eifrig: Die Bakterien sind alle abgekocht. Was interessieren mich schon die Bakterien? Wenn man genug Sirup reinkippte war auch der seltsa, anmutende Geschmack weg und die ein, zwei Aestchen die man nach her im Mund fand: Bitte! :D
Wir Austauschschueler wurden in Gruppen eingeteilt und mussten immer jeweils entweder decken/kochen oder abwaschen. Wobei erstes definitiv zu bevorzugen war! Denn der rote Faden, der sich durch die praktische Seite des Seminars zog war "Resirkulering". Also Wiederverwertung. Den geschmolzenen Schnee brauchte man ja nicht nur zum trinken, sondern auch zum kochen - aber dann schon wegkippen? Nein, man kann damit ja auch noch spuelen! Und das war wirklich nicht schoen.
Ich war ein bisschen genervt, dass sich viele die ganze Zeit ueber schlechte Organisation/Zustaende aufgeregt haben, aber naja, wenn man alleine in der Kueche steht und in irgendeiner wirklich braunen, lauwarmen Suppe rumfischt, um die Ruehrei-Bratpfanne sauber zu kriegen wird man echt frustriert. Vor allem, wenn man lautes Lachen aus dem Nebenraum hoert, in dem die komplette Mannschaft froehlich fruehstueckt. Aber andere waren auch schon von ihren Gruppen verlassen worden, da wuerde ich da auch noch schaffen!

Es gab uebrigens mal wieder eins der vielen Erste-Male fuer mich: Sauna. Der Riesenfan bin ich jetzt noch nicht - es war einfach zu voll. Aber von 70 Grad rauszulaufen und sich im Schnee zu waschen, das hat schon was.
Und auch wenn ich schon ein oder zwei Mal auf Langlaufskiern gestanden habe: Noch nie mit einem schweren, grossen Rucksack auf dem Ruecken. Ich war ziemlich stolz, dass ich als eine Anfaengerin den ersten Berg ohne Hinfallen geschafft hatte - aber dann lag ich doch da. Wie ein Krebs, voellig unfaehig mich mit den mindestens 10 Kilo (in Gedanken auf jeden Fall!!!) extra Gewicht wieder hochzuhieven. Aber mit Hilfe einer Norwegerin, die natuerllich echt wie alle anderen hier mit Skiern an den Fuessen geboren ist, habe ich die Technik dann auch gelernt. Und noch einige Male angewendet.

Um nochmal auf eine Kuechensache zurueck zu kommen: Ab und zu haben auch nur die Teamer das Kochen uebernommen. Die allergroessten Talente schienen sie nicht zu sein: Ohne zu beleidigen, aber man muss schon gewisse Ambitionen haben um statt Tomaten ein Glas Erdbeermarmelade in die Tacosauce ohne Fleisch zu tun. Und einigen Mut, das ganze erst nach dem Essen zu sagen. Mahlzeit!

Der tollere Teil, viel tollere Teil sogar, waren natuerlich die Menschen. Ganz viele Leute, die ich erst zwei, dreimal gesehen habe und die in diesem Austauschjahr doch irgendwie ganz wichtig sind. Und zumindest bei ein paar glaube ich fest daran, dass wir es schaffen auch danach noch Kontakt zu halten. Und ein bisschen Trauer mischte sich definitiv unter meine Gefuehle, als ich wieder alleine in Oslo stand, mit dem Wissen, dass dies das letzte unserer gemeinsamen Seminare sein koennte. Denn sicher ist nur, dass wir uns beim Yes wiedersehen, wir Europaer. Von den Amerikanern und Asiaten ganz zu schweigen.
Jetzt scheint es spuerbar zu werden, dass die Haelfte um ist. Und wenn ich mal nicht drum trauere, sondern mich darueber freue, habe ich gleich das Gefuehl: Das darf ich nicht.
Aber eigentlich doch schon, oder?

Morgen werde ich dann also 17, goodbye liebe Welt aus der Sicht einer 16-jaehrigen. Was das naechste Jahr wohl bringt?

Macht es gut, meldet euch und lebt schoen, froehlich und hopsend.

Isabel Iracema