Sonntag, Mai 13, 2007

Liebeserklärung

Oh ja, lieben tu ich diese Stadt! Ich kann mich noch so sehr auf Köln freuen, aber in den Strassen Oslos zu sitzen und mir vorzustellen dort nicht mehr zuhause zu sein ist traurig! Eine meiner Lieblingsbahnhaltestellen ist Torshov. Auf der Bank sass einmal einer der zahllosen Obdachlosen, die Oslo so viel besser kennen. Ein bisschen blöde hab ich mich nach einem Blick ein Stückchen weiter hingestellt, denn irgendwie hält man doch Abstand. Er dachte wohl er selbst wäre unfreundlich, rückte beiseite und bot mir den Platz an. Gesetzt habe ich mich nicht, aber innerlich beschimpft, dass ich mit solchen Gewohnheiten durch die Welt spaziere, und ihn angelächelt. Er schlief fast ein, erklärte mir aber fröhlich warum er die letzten drei Tage keinen Platz für tiefen Schlaf gefunden habe und war ganz ungemein nett.
Als er zum Schluss aus der Bahn ausstieg, wünschte ich ihm eine gute Nacht, jaja. Und als ich letztens wieder in diesem tollen Viertel namens Torshov war, da stand er da, verkaufte die Zeitung der Obdachlosen und strahlte mir ein norwegisches "Hei!" entgegen.
Und gestern, da war ich wieder in der Stadt und begegnete ihm, am Stortorvet, der neuen Ersatzhaltestelle mitten im Zentrum. Es ist schön, diesen Menschen "zu kennen", denn was ist schon mehr Oslo als die Menschen, die der Stadt näher sind als jeder andere?

Ich liebe diese Stadt auch in anderen Momenten. Wenn ich entdecke, dass meine beste Oslo-Freundin Sini fast direkt bei dem Park wohnt, von dem ich ihr so begeistert erzählt habe und in dem wir unbedingt zusammen den Sommer geniessen wollen. Mit Bier und Musik und Menschen drumherum und allem. Oder wenn die Stadt eine Schiele-Ausstellung beherbergt, die nur nach Entdecken ruft.
Heute hat sie mich mit einem Flohmarkt beschenkt. Ich kam gerade von meinem Stepptanzauftritt als ich beim Halten an einer Station aus dem Augenwinkel einen Markt wahrnahm. Ich sprang aus der Bahn und es war tatsächlich eine feine Ansammlung verschiedenster Verkäufer und Menschen, die Munter auf Norwegisch, Englisch, Russisch und anderen Sprachen plapperten. Gleich am Anfang begegnete mir ein kleines Mädchen, dass sich auf eine Karierre als Verkäuferin vorbereitete. Mit den Preisen sollte sie noch etwas üben, sie bat mir neun Ohrringe für neun Kronen an, aber los wurde sie ihre Sachen. Ich bezahlte ihr ein bisschen mehr und sie erkannte die Kundin in mir - schwuppdiwupps hatte ich auch noch eine seltsame Dose und eine schöne Brosche in der Hand und mein Budget um weitere 10 Kronen erleichtert. Es fanden sich auch andere grosszügige Menschen, so dass ich mit 50 Kronen 10 Ohrringe, 2 Broschen und eine superlustige Kette in Form einer silbernen Minhandtasche glücklich nach Hause kam.
Die norwegische Nationalhymne beginnt mit diesen Worten: "Ja, vi elsker dette landet" - "Ja, wir lieben dieses Land". Ich glaube, ein bisschen von der Liebe der Norweger zu diesem Stückchen Erde habe ich wirklich geschenkt bekommen!

Irgendwo las ich, dass es noch 7 Wochen sind. Ich habe gehört, dass ich unbedingt nach Hause will. Von Brühl durch Spanien kam das an meine Ohren. Jaja, das fande ich ein wenig uhyggelig. Liebe Menschen, schön das ihr euch Gedanken über mich macht. Aber als mir das heute geschrieben wurde, hat mir das einen Schreck versetzt: Wirke ich so? Oder ist das vielleicht so? Eigentlich: Nein. Ich will nicht nach Hause, nicht jetzt. Kein einziges Mal in diesem Jahr habe ich gedacht "Ich will jetzt nicht hier sein." "Das Gefühl der Freude entsteht aus einer plötzlichen Bejahung des Lebens", mit dieser Einstellung bin ich bis hierhin gelaufen und die habe ich auch nicht verloren. Genau dies ist es, was ich will. Ich will noch 7 Wochen haben, hier. Ich will dann bald wieder da sein. Ich will das Leben wie es ist, genauso, jetzt und hier und dann und dort.
Aber man kommt wohl irgendwie nicht drum herum an das Ende zu denken. Und traurig bin ich noch wenig. Denn die Dinge sollten nicht mit Trauer enden, sondern mit Hoffnung. Auf ein Wiedersehen und auf Neues.
Aber naja, soweit sind wir ja noch nicht.

Jetzt hoffe ich einfach mal, dass hier noch mehr lesen als diejenigen die Kommentare schreiben. :)
Lebt wohl, ihr Lieben, bis zum nächsten Mal.

Isabel Iracema

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hey ira
sooo jetzt haben aber glaub ich auch alle die gedacht hätten du würdest nach hause wollen vom gegenteil überzeugt. und ich kann nur bestätigen: wo wir bei dir in norwegen waren hast du nicht einmal gesagt das du nach hause willst. im gegenteil, du meintest du wärst froh das es 10 monate sind und nicht weniger.
ach ja und ich glaube es werden weniger kommentare, weil sich dein atj dem ende neigt und du bald wieder hier bist...:)
hab dich lieb und genieß oslo.
isa
hab dich lieb

Anonym hat gesagt…

hallo du Oslo-Freundin,
aber sicher sollst du, kannst du, wirst du die 7 Wochen noch auskosten und bejahen: 7 Wochen a 7 tage a 24 Stunden: das sind 1176 Stunden! das stimmt jetzt wahrscheinlich nicht ganz genau, aber es ist doch eine beeindruckende Zahl. Geniesse sie!
Eva-Maria

Anonym hat gesagt…

und wer hat dich zu diesem beitrag insperiert. ich hoffe doch mal das ich das war, weil wir dort vorher noch ueber diesen sachen geredet haben.
so dann geniesse deine zeit und freu dich auch ein bisschen auf dein zu hause un das wir wieder zusammen zum heider gehn un dort chillen und ne gute zeit verbringen. und freu auch ein bisschen auf koeln und auf den rhein und alles was koeln so schoen macht.
Saskia

Anonym hat gesagt…

meine wunderbare. ist das ein toller text. oh mann. dass mit dem obdachlosen find ich ganz wunderbar.
du schreibst so wunderschön.
bitte versprich mir, dass du mir irgendwann mal eine geschichte schreibst.
a propos, ich hab immer noch eine hier liegen, die ich dir auf den pc meines papas gelesen habe.
soll ich die cd brennen und schicken oder soll ichs dir geben, wenn du wieder da bist?
oder lieber kassette? =)